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Nachdem wir unsere Kabinen bezogen haben, bekommen wir bereits das erste Menü, einen leckereren Dreigänger, auf dem Schiff serviert. Wenn das für die nächsten dreieinhalb Wochen nicht viel versprechend ist?! Auch für Kurzweil ist gesorgt. Mit uns auf dem Schiff sind noch die Flurys, ein Schweizer Paar mit ihrer fünf jährigen Tochter. Sie haben beide dasselbe, unheilbare „Problem“ wie wir, sie tragen den Reisevirus in sich. Wie wir haben auch sie vor Jahren schon ihr Herz in Afrika verloren. Das birgt Stoff für viele, lange und angeregte Gespräche. Optimaler könnte die Konstellation fast nicht sein! 

Im Voraus haben wir noch etwas befürchtet, ganze dreieinhalb Wochen auf dem Frachter, und das ohne Swimmingpool, das könnte lange und vor allem langweilige Tage geben. Die Hinreise auf der Horncliff hat immerhin nur 15 Tage gedauert und dort hatten wir einen kleinen Pool, in dem wir uns köstlich amüsieren konnten. Aber ganz gefehlt! An manchen Tagen geraten wir fast ein wenig in Zeitnot. Unsere Mädchen spielen viel mit der kleinen Alessandra oder machen Schulaufgaben. Lucia und ich palavern stundenlang mit Peter und Petra und zudem ergeben die fixen Essenszeiten einen recht streng geregelten Tagesablauf. Ich selber gönne mir bereits noch vor dem Mittagessen jeweils das erste ausgedehnte Nickerchen. Ab drei Uhr Nachmittags aber steht Sport auf dem Programm. So verbringen wir fast täglich gegen eine Stunde mit körperlicher Ertüchtigung im kleinen, bescheiden eingerichteten Fitnessraum. Dort stehen neben einem Pingpong-Tisch auch noch ein „Töggelikasten“ und ein Fitnessgerät sowie Hanteln für die „Muckis“. Wenn es das Wetter (Wind und Wellengang) zulassen, machen wir auch oft unsere Joggingrunden auf Deck. Mein gestecktes Ziel allerdings, den in Südamerika angesetzten Speck auf dem Schiff wieder loszuwerden, schaffe ich trotz diszipliniertem Training bei dieser guten und reichlichen Küche nicht. Neben all diesen Aktivitäten wird viel gelesen oder auf Deck die herrliche Atmosphäre des weiten, endlos scheinenden Atlantiks genossen. 

Auch etwas Fussball-WM Atmosphäre schaffen wir, aufs Schiff zu holen. Trotz defekter Sattelitenschüssel können wir dank selbst verlegter Antenne in Küstennähe und bei sehr bescheidener Bildqualität beim einen oder anderen Spiel mitfiebern. In den verschiedenen Häfen schauen wir vom 35 Meter über dem Wasser liegenden Deck stundenweise dem emsigen Treiben zu. Scharen von Menschen fahren hunderte von Fahrzeugen in den oder aus dem riesigen Bauch unseres Co/Ro Schiffes. Gigantische Maschinen und Kräne laden oder entladen hunderte von Containern und schichten diese aufeinander, als wären es Schuhschachteln. Die so genannten Ro/Ro-Schiffe sind Schiffe, die nur rollende Fracht befördern, die direkt aufs Schiff und auch wieder runter (roll on / roll off) gefahren werden kann. Solche Schiffe können bis zu 6'000 Fahrzeuge aufnehmen. Die Grande Sao Paolo aber ist als Co/Ro-Schiff eine Mischung aus Ro/Ro und reinem Containerschiff. Mit einer Länge von 214 Metern und einer Breite von 32 Metern kann sie neben rund 3'500 Fahrzeugen auf 12 Decks noch ca. 1'300 Container laden. Im Vergleich zu den weltgrössten Containerschiffen, die gegen 400 Meter lang sind und an die 15'000! Container laden, bescheidene Eckdaten. Allerdings lässt nur schon der Verbrauch „unseres“ Schiffes aufhorchen. Innerhalb von 24 Stunden verbrennt der Sulzer 8-Zylinder 70 Tonnen Rohöl! 

Bei den drei Hafenstopps Paranagua, Santos und Rio de Janeiro in Brasilien unternehmen wir nur in Rio einen kurzen Landgang, bei dem wir auf den berühmten Zuckerhut fahren. Danach folgt die 6 Tage dauernde Überfahrt über den Atlantik nach Dakar in Senegal. Auch dort schnuppern wir für wenige Stunden Landluft und lassen uns vom bunten Treiben in den Marktgassen bereits einstimmen auf zukünftige Reiseziele – Afrika, wir kommen wieder!

Die ganze Fahrt über haben wir Glück mit den Elementen. Ausser etwas Regen entlang der brasilianischen Küste und einer manchmal recht starken Brise, hält sich der Wellengang in engen Grenzen. Sogar der ansonsten sehr raue Golf von Biskaya hat sich sehr ruhig gezeigt. Pro Tag sehen wir vielleicht ein/zwei Frachtschiffe irgendwo am Horizont vorbeiziehen. Sobald wir aber in den Ärmelkanal einfahren, wird es lebendig. Bis zu 30 Frachtschiffe zählen wir zeitweise rund um uns herum. Nach einem letzten Zwischenstopp in Emden an der deutsch/holländischen Grenze, wo einige Hundert VW Anarouk ausgeladen werden, erreichen wir bereits nach 23 Tagen die Elbemündung. Nachdem die beiden Lotsen an Bord gelangt sind, wird es Spannend. Wir fahren stundenlang die Elbe hoch und geniessen vom obersten Deck aus einen herrlichen Überblick über das Geschehen auf und neben dem Wasser. Es wird leider sehr spät, bis wir nach Hamburg gelangen und so können wir die Einfahrt in den riesigen und weit verzweigten Hafen nur noch bei Nacht, dafür aber eingetaucht ins Licht von tausenden von Scheinwerfern, geniessen. 

Am nächsten Morgen verabschieden wir uns von der Mannschaft und fahren mit gemischten Gefühlen aus dem Schiffsbauch raus aufs Hafengelände, wo wir erstmals wieder europäischen Boden unter die Rädern bekommen. Die Zollformalitäten sind ein Klacks und so liegt der Hafen bald schon weit hinter uns. Auf unserem Weg Richtung Heimat folgen noch ein paar Stopps bei Familie und Freunden und auch bei MAN, wo wir noch ein  paar technische Probleme abklären müssen. Zudem müssen wir dringend zwei Reifen organisieren und aufziehen, da die beiden „billigen“ Mitas-Reifen, die wir in Santiago als Notlösung montiert haben, bereits beginnen, sich in Teile zu zerlegen. 

Mit schwer definierbaren Gefühlen passieren wir die Schweizer Grenze und fahren rund dreizehn Monate nachdem wir uns mit wässerigen Augen verabschiedet haben, wieder unsere Strasse hoch, wo bereits Familie, Freunde und Nachbarn auf uns warten und uns jubelnd empfangen…